Der Sommer ist laut – mit Vogelstimmen, mit Lachen, mit Leben. Er ist hell, warm, offen. Eine Zeit, in der scheinbar alles nach außen drängt: Bewegung, Begegnung, Genuss. Es ist leicht, sich mitreißen zu lassen vom Licht, vom Blühen, vom Drang, das Leben zu feiern.
Und doch gibt es da manchmal etwas in uns, das leiser ist. Eine Regung, ein Gefühl, das nicht in dieses Bild zu passen scheint. Vielleicht eine unerklärliche Traurigkeit, eine zarte Sehnsucht, ein altes Thema, das sich zeigt – gerade jetzt, in dieser Fülle.
Manche Gefühle tauchen auf, wenn das Außen zur Ruhe kommt. Andere zeigen sich genau dann, wenn es nicht still ist – wenn wir beschäftigt sind, fröhlich wirken, dabei aber etwas in uns unberührt bleibt. Der Sommer berührt vieles. Und manchmal rührt er auch an, was tief in uns liegt.
Fühlen statt Funktionieren
Gerade für uns Frauen in der zweiten Lebenshälfte kann der Sommer zur Bühne einer inneren Bewegung werden. Denn wir stehen an einem Punkt im Leben, an dem Oberflächlichkeit nicht mehr reicht. Wir wollen fühlen, was echt ist. Und wir spüren auch: Unser Körper, unsere Seele, unser ganzes Wesen verlangt nach Wahrheit – nicht nach Rollen.
Doch Gefühle brauchen Raum. Und Erlaubnis. Sie sind nicht „falsch“, wenn sie nicht leicht oder schön sind. Sie sind Teil unserer inneren Fülle. Wenn wir ihnen zuhören, statt sie zu übergehen, geschieht etwas: Wir kommen uns selbst näher. Wir spüren wieder, dass wir lebendig sind – tief, weit, echt.
Die Fülle ist nicht nur hell
Der Sommer wird oft als Zeit des Glücks gesehen. Und ja – das Licht, die Wärme, die Lebenslust – all das ist heilsam. Aber wahre Fülle schließt auch die Schatten ein. Die leisen Töne. Die Tränen. Das Unfertige. Vielleicht spürst du gerade im Licht, was dir fehlt. Vielleicht erinnerst du dich an Verluste. Oder du fühlst die Zeit – dass sie vergeht, dass etwas Neues beginnt, aber Altes noch nicht ganz abgeschlossen ist.
All das gehört dazu. Zur Reife. Zum Leben. Zur Frau, die du heute bist.
Sich selbst eine Begleiterin sein
In dieser Jahreszeit, in der wir so sehr nach außen leben, ist es ein Akt der Liebe, auch nach innen zu lauschen. Dir selbst eine gute Begleiterin zu sein. Dir Fragen zu stellen wie:
- Was fühle ich wirklich – jenseits dessen, was erwartet wird?
- Was braucht dieses Gefühl von mir – Trost, Raum, Bewegung, Worte?
- Was hilft mir, mich sicher zu fühlen in meinem Erleben?
Vielleicht schreibst du. Vielleicht gehst du spazieren und sprichst mit dir selbst im Wind. Vielleicht hörst du Musik, die dich berührt, statt betäubt. Vielleicht weinst du – und es tut gut.
Deine Gefühle sind ein Geschenk
Gefühle sind nicht Schwäche. Sie sind deine Weisheit. Deine Tiefe. Deine Verbindung zu dir selbst. Wenn du lernst, sie zu halten, zu atmen, zu würdigen, wirst du erleben, wie viel Kraft darin liegt. Wie viel Sanftheit. Wie viel Klarheit.
Und vielleicht wird genau das dein Sommermoment: Nicht das perfekte Bild, sondern ein echter Moment mit dir. Voller Gefühl. Voller Leben.